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Nelkengewaechse mit dunklen Staubbeuteln

Habt ihr sowas auch schon mal gesehen? Dunkle anstatt gelborange Staubbeutel und Pollenkörner bei der Roten Waldnelke, Silene dioica? Dieses Phänomen ist gar nicht selten zu beobachten und tritt auch bei anderen Arten der Familie der Nelkengewächse, Caryophyllaceae, auf.

 

Was steckt dahinter?

Verursacher ist ein Brandpilz der Gattung Mikrobotryum. Er lebt systemisch in der Pflanze, wächst in das Gewebe der Staubblätter ein und unterdrückt dort die Bildung des Pollens. Stattdessen werden dunkle Pilzsporen gebildet, die mithilfe von Bestäubern von Pflanze zu Pflanze übertragen werden.

Rote Waldnelke, Silene dioica, infiziert mit Mikrobotryum


Rätselfrage

Was geschieht bei rein weiblichen Pflanzen? Ihre Blüten enthalten schliesslich keine Staubblätter.

Silene dioica ist eine zweihäusige Art. Neben rein männlichen Pflanzen, deren Blüten lediglich die männlichen Blütenorgane, die Staubblätter, enthalten, treten rein weibliche Pflanzen auf. Deren Blüten bilden nur die weiblichen Blütenorgane, Fruchtknoten und Griffel aus, keine Staubblätter. Was geschieht nun, wenn der Brandpilz eine weibliche Pflanze befällt? Es hat ja keine Staubblätter, in denen Pilzsporen anstelle von Pollenkörnern gebildet werden könnten.

 A)    Der Pilz infiziert zwar die Pflanze, kann sich aber nicht weiter ausbreiten. Schliesslich fehlen die Staubblätter.


B) Der Pilz kann weibliche Pflanzen gar nicht infizieren.


C) Der Pilz wächst in den Fruchtknoten ein, dort werden anstelle der Samen Pilzsporen gebildet.


D) Der Pilz wächst in den Fruchtknoten ein und lässt ihn verkümmern. Gleichzeitig bringt er die Pflanzen dazu Staubblätter auszubilden.


Die Lösung folgt weiter unten.

Klatschnelke, Silene vulgaris, infiziert mit Mikrobotryum

Stein-Nelke, Dianthus sylvestris, infiziert mit Mikrobotryum


A, ...

 

B, ...

 

C, ...

 

oder

 

D ?

Lösung

 

D

 

Der Pilz wächst in den Fruchtknoten ein und lässt ihn verkümmern. Gleichzeitig bringt er die Pflanzen dazu Staubblätter auszubilden. Das gelingt ihm unter anderem, indem er ein Gen unterdrückt, das bei der Blütenentwicklung eine zentrale Rolle spielt. So werden aus weiblichen Pflanzen männliche, die ihrerseits aber steril sind.

 

Übrigens:

Infizierte Blüten blühen früher auf und bleiben länger geöffnet als nichtinfizierte Blüten.

 

Was denkt ihr?

Habt ihr's gewusst? Oder seid ihr völlig überrascht? Lasst uns unten in den Kommentaren wissen was ihr denkt :-)


Quelle und mehr zum Thema:

Dissertation von Angela Maria Schäfer, Oktober 2010, Bochum: Der Infektionsprozess und die Entwicklung der pflanzenparasitischen Pilz-Gattung Microbotryum (Pucciniomycotina) auf verschiedenen Wirtspflanzen.

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Kommentare: 3
  • #1

    Dorothee Landolt (Freitag, 01 Mai 2020 15:21)

    Unglaublich, was da abgeht! Das finde ich sehr interessant und ich hatte keine Ahnung davon.
    Habe nur schon den Pilz bei Euphorbia cyparissias gesehen. Wohl nicht der gleiche Pilz, aber er verändert die Pflanze auch.

  • #2

    Heidi Nievergelt (Freitag, 01 Mai 2020 17:00)

    Schon wieder etwas Neues gelernt. Super, was ihr uns immer mitteilt. Herzlichen Dank

  • #3

    Barbara Gasser (Freitag, 03 Juli 2020 21:33)

    Spannend. Was stoppt den die Verbreitung, damit er nicht alle Pflanzen infiszieret?